Schön langsam sollten wir einen Orden bekommen. Oder eine Ehrennadel für die langjährige Treue als „Kurgäste“. Seit mittlerweile 14 Jahren ist das Gasteinertal das Ziel unseres jährlichen Skitrips. Waren wir anfangs noch zu viert, so dezimierte sich unsere Runde über die Jahre. Nun sind wir nur mehr zu zweit, was die fünf Tage Gastein allerdings nicht im geringsten beeinträchtigt sondern ganz im Gegenteil zu einem absoluten Eckpfeiler des Jahreskalender werden lässt.
Das neue Gastein-Foto-Album. Jetzt unter der Rubrik “Die Alpen”.
Vorweg: In diesem Jahr war die winterliche Kulisse schon das Highlight bevor wir überhaupt den Eingang zum Tal passierten. In den vergangenen Jahren hatten wir diesbezüglich kaum Glück und blickten immer wieder mehr oder weniger auf grüne Flecken. In diesem Jahr ganz anders! Endlich wieder einmal trugen die Bäume Schnee und die Berge und Felder waren mit einer weichen Schneeschicht überzogen. Das lässt die schroffen Berge und das gesamte Drumherum schon deutlich ruhiger wirken und trägt sicherlich auch zu dieser ganz besonderen Stimmung im Tal bei.
Wandern ohne Höhenweg
Mittlerweile nehmen wir uns keine direkte Anzahl an Skitagen mehr vor. In der Zeit die wir vor Ort verbringen entscheiden wir spontan was wir wann wie unternehmen wollen. Und so entschieden wir am ersten Tag des Kurz-Urlaubs inmitten des temporären Schneesturms am Vormittag, von Hofgastein nach Gastein zu wandern und uns nicht im Wind auf den Bergen von einer zur nächsten Hütte zu „quälen“. Der Gasteiner Höhenweg war auf Grund der Witterungsverhältnisse leider gesperrt und so begannen wir unsere Wanderung im Schnee durch Hofgastein in Richtung des einst als Monte Carlo der Alpen bekannte Bad Gastein.
Die Strecke betrug ungefähr 12 km welche wir in drei Stunden inklusive kurzer Pausen bewältigten. Dass es während der Wanderung über Felding, Gadaunern und Remsach über Badbruck hinauf nach Bad Gastein dann doch noch fast vollständig aufriss und eigentlich einen ebenso perfekten Skitag garantiert hätte war uns nach ein paar Kilometern aber auch egal. So konnte man das Gasteinertal auch einmal von unten geniessen. In den vergangenen 14 Jahren haben wir diese Sicht nämlich noch kein einziges Mal erlebt. Einziger Wehrmutstropfen: Der Wasserfallweg in Gastein war ebenso gesperrt und so konnten wir die eigentlich gedachte Schlusspassage entlang des imposanten Gasteiner Wasserfalls nicht begehen. Seis drum. Es war ein super Spaziergang, den ich jedem Gastein-Gast empfehlen kann. Vielleicht schaffen wir ja im kommenden Jahr auch mal den Gasteiner-Höhenweg.
Bad Gastein – Morbider Charme mit Zukunft
Immer wieder ist Bad Gastein ein imponierender Ort. Die Fassaden wirken mondän und großstädtisch. Von der glanzvollen Zeit Bad Gasteins in den 1950er Jahren zeugen noch diverse Standbilder und Gedenktafeln prominenter Gäste. Leider steht mittlerweile fast der gesamte Ostteil des Ortes leer und die Gebäude verfallen so vor sich hin. Einerseits eine spannende Szenerie die sich dem Besucher dort bietet, andererseits viel zu schade für diesen wunderbaren Ort mit dieser schimmernden Vergangenheit. Kann man nur hoffen, dass die im vergangenen Jahr angekündigten Pläne des Land Salzburgs möglichst schnell Früchte tragen und Bad Gastein wieder zu einem belebteren Ort werden lassen. Der aktuell vorherrschende morbide Charme alter Ozon-, Thermal- und Moorbäder in beige gekachelten Wannen, könnte jederzeit als Filmkulisse für einen Psychothriller dienen ist dadurch aber gleichzeitig durchaus reizvoll und spannend. Der Verfall des Ortes aber ist in erster Linie eines: Traurig! Und von daher kann man sich nur wünschen, dass Bad Gastein zumindest ansatzweise zu alter Blüte zurückfindet. Dennoch würde ich einen Gastein-Urlaub jederzeit empfehlen, da das Tal seinen ganz besonderen Reiz hat.
Rodeln vom Aeroplan nach Hofgastein
So wunderbar der Donnerstag vom Wetter her dann auch noch wurde, so hundsmiserabel war am Ende der Freitag. Dumm nur, dass wir am Vortag den eigentlich herrlichen Skitag links vorbeiziehen haben lassen und am Freitag dann aus Trotz vom Skizentrum-Angertal aus hinauf auf Stubnerkogel bzw. Schlossalm gefahren sind. Der Tag hatte das Zeug dazu, zum schlechtesten Skitag aller Zeiten zu werden und so unterbrachen wir den Skitag kurzzeitig auf der Feldinghütte für ein Mittagessen und den Super-G aus Kitzbühel. Ja, Gott sei Dank bin ich auch ein glühender Fan des alpinen Skisports und kann solchen Schlechtwetterphasen auch positives abgewinnen. Eine Gulaschsuppe und zwei Spezi später war auch der Hunger und der Durst gestillt. Klar das darf im Urlaub ja nicht zu kurz kommen. Als es dann kurzzeitig wieder aufriss genossen wir doch noch ein paar schöne Abfahrten und fuhren am Nachmittag zurück ins Hotel. Am Abend wartete ein von unseren Freunden aus Bad Hofgastein geplantes Schmankerl auf uns. Nach einem gemütlichen Abendessen im Aeroplan-Stadl und ein paar schönen Weissbieren ging es mit dem Rodel über einen verschneiten und mit Glühlampen beleuchteten Waldweg hinunter ins Tal. Eine super Kulisse! Das Rodeln vom Aeroplan-Stadl aus scheint immer Freitags bei guter Schneelage möglich zu sein. Wenn nun die Schneelage diese Voraussetzungen nicht schafft und man vielleicht auch nicht gerade Freitags im Gasteiner-Tal ist, wirds eventuell etwas schwierig diese Abfahrt machen zu können. Wir habens getan und es war super!
Fantastischer Ski-Samstag wird zum T-D-Day
Noch am Abend zuvor habe ich mich gegenüber unseren Gasteiner Freunden zum bevorstehenden Abfahrts-Mythos, der Streif in Kitzbühel, geäußert. Ich lehnte mich zugegebener Maßen etwas weit aus dem Fenster, als ich einen deutschen Abfahrtssieg durchaus für möglich hielt. Eine Top-10 Platzierung von Andi Sander oder Thomas Dreßen hielt ich, den jüngsten Ergebnissen zu Folge aber tatsächlich für möglich. Was mich jetzt auf meinen Sachverstand bzgl. des Ski-Alpin-Weltcups schon auch ein bisschen stolz macht. Wir haben also für halb zwölf den Treffpunkt auf der Schlossalm-Hüttn im Gasteiner Skigebiet vereinbart. Bis dahin hatten wir einen fantastischen Ski-Morgen und genossen die verschiedenen Abfahrten vom Stubnerkogel, der Hamburger Abfahrt und dem „run of the day“ durch die hohe Scharte. Wahnsinn. Wolkenloser Himmel und herausragende Pistenverhältnisse. Es konnte also fast nur positiv weitergehen.
Wir nahmen unsere Premium-Sitzplätze an der Bar der Schlossalm ein. Die Übertragung aus Kitzbühel begann. Und nach 15 Fahrern kamen bereits die leicht spöttischen Nachfragen nach den „heissen Eisen“ im deutschen Abfahrtsteam. Vier Fahrer später erlebte ich die Fahrt des Thomas Dreßen live am TV. Jetzt muss ich vielleicht dazu sagen, dass ich dank meiner Großmutter schon seit frühester Kindheit den alpinen Skiweltcup verfolge und von daher auch gebannt am Fernseher sitzen kann, während andere meiner Landsleute da vielleicht doch eher dem Biathlon oder anderen Wintersportarten folgen. Und ehrlich gesagt, dachte ich auch nicht, dass mich ein deutscher Abfahrer in irgendeiner Art und Weise so dermaßen mit Adrenalin vollpumpen könnte. Diese Fahrt aber, mit dem Hintergedanken an die am Abend vorher groß getönte Aussage bzgl. eines deutschen Abfahrtssieges, lies mich immer verkrampfter an der Bar werden. Die Zwischenzeiten wurden zunächst immer deutlicher für den jungen Deutschen. Kurz vor dem Ende allerdings büsste er dann doch noch einmal vier Zehntel Sekunden ein. Und dann: die letzte Zwischenzeit. 0,18 Sekunden Vorsprung vor Beat Feuz. Thomas Dreßen! Hoffentlich hat er genug Geschwindigkeit drauf und kann die zwanzig hundertstel ins Ziel retten. Jetzt konnte ich meinen Mund auch nicht mehr halten. Es platzte aus mir heraus: „Fahr zua! Fahr zua! Fahr zua!!!!“. Als im Ziel dann die grüne „1“ und ein Vorsprung von 0,20 Sekunden angezeigt wurden entlud sich meine Freude in einem Faustschlag auf den Thresen und dem spontanen Ruf nach „Zwei Weissbier und zwei Willi bitte!“. Selten hatte ich so dermaßen angespannt und emotional aufgeladen eine Abfahrt verfolgt. Schade eigentlich dass der herausragende sechste Platz von Andi Sander im Siegestaumel von Thomas Dreßen etwas unterging. In dieser Form aber braucht einem aber vor den olympischen Spielen aus deutscher Sicht, trotz des Ausfalls von Felix Neureuther und Stefan Luitz nicht ganz so Angst und Bange sein. Der Rest des Tages stand tatsächlich im Zeichen des Feierns des deutschen Abfahrtssieges. Eine tolle Erinnerung! Hoffentlich dauerts bis zum nächsten Abfahrtssieg nicht ganz so lange wie bei diesem Male!
Gastein – Im nächsten Jahr dann wieder!
Und wieder einmal gehen ein paar wunderbare Tage in Gastein zu Ende. Wir verlassen das Tal mit dem Wissen, dass wir im kommenden Jahr wieder zurückkehren. Dann zum fünfzehnten Mal. Und vielleicht erhalten wir ja dann die goldene Amphore am Band für 15 Jahre Gastein-Treue. Eigentlich egal. Hauptsache der Streif-Sieg fiel diesmal auf einen Deutschen. Sauguad! In diesem Sinne: Ein super Wochenende wars!